Felix Schneider
Geboren am 12.06.1948 in Basel, getauft auf den Namen Felix Christian. Vater Max Friedrich Schneider, Musiker, Musikwissenschaftler, Schöngeist. Mutter Ruth Rahel Wormser, Sekretärin, dominierende Figur.
Der Sohn, zeitlebens ein Mamakind, heisst Felix, weil der Taufpate der Urenkel von Felix Mendelssohn war.
Und er heisst Christian, weil die Mutter ihn durch Taufe und beschwörende Namensgebung aus dem jüdischen Kontext herausnehmen wollte.
Primarschule in Riehen und Basel, St. Theodor-Schulhaus.
Das muss erwähnt werden, weil der Kleine nach drei unglücklichen Jahren im vierten Schuljahr ein lebenslang prägendes Paradies betreten durfte: Othmar Stemmler, Sohn des damals schweizweit berühmten „Zoowärters“ Carl Stemmler-Morath, gestaltete den gesamten Unterricht mit lebenden und phantasierten Tieren. Grossartig!
1959 – 1967 Humanistisches Gymnasium in Basel
Ich musste ziemlich alt und älter werden, um immer mehr Positives an dieser Schule zu sehen.
1967 – 1975 Studium Deutsch, Französisch, Geschichte, Soziologie, Philosophie in Basel, Berlin und Paris.
So lange durfte man damals studieren und konnte das Studium unterbrechen:
In Berlin habe ich die postfaschistische Bundesrepublik kennen gelernt.
Als Assistent an einem Pariser Lycée wurde ich politisch zum Sympathisanten der Trotzkisten sozialisiert und lernte mit Hegels Logik Französisch.
In Basel war ich Regieassistent am Theater unter der Direktion Düggelin.
In Berlin war ich Hospitant bei Fritz Kortner, der noch sagen konnte: Als ich mit Brecht über den Kudamm ging… Ich charakterisierte ihn damals so: ein geniales Ekel.
1975 Übersiedelung nach Frankfurt am Main.
Lektorat einer 5-bändigen Rezeptionsgeschichte „Bayreuth in der deutschen Presse“
Mitarbeit an der Anthologie „Exil. Literarische und politische Texte aus dem deutschen Exil 1933 – 1945.“
1976 – 1987 Lehraufträge an der Johann Wolfgang Goethe Universität, Romanisches Seminar.
1976 – 1980 Lehrer am Abendgymnasium für Berufstätige
Alles war anders am Abendgymnasium in Frankfurt – und fast alles war besser. Wir wollten die Welt verändern – das hat niemand bemerkt. Aber die Schule haben wir verändert. Für eine kurze Zeit. Zu erfahren war: Alternativen erfinden, Widerstand leisten, sich wehren, kämpfen – lohnt sich.
Nach einem bundesweit wahrgenommen politischen Konflikt um das Frankfurter Abendgymnasium:
1980 / 81 Arbeitslosigkeit
1981 / 83 Lektor im Theaterverlag „Autorenagentur“
1982 / 83 Sekretär der Zeitschrift „links“ im Sozialistischen Büro in Offenbach
Langer, zäher Kampf um das Abendgymnasium: politischer und juristischer Kampf. Ich empfand Faszination für die Juristerei. Sollte ich ein Jus-Studium anfangen? Da waren aber andere Angebote zu verlockend: Der „Verlag Autorenagentur“, eine Abspaltung des „Verlags der Autoren“ rief: schöne Zeit mit den Autor*inn*en, Krach mit der Geschäftsführerin. Schliesslich das politische Interesse zum Beruf gemacht: Das Sozialistische Büro war eine undogmatisch linke Sammelbewegung.
1983 Das höchste Arbeitsgericht entscheidet letztinstanzlich, dass Schneider Lehrer ist und nie etwas anderes war.
„Schneider % Land Hessen“ so stand’s jeweilen an den Sälen, in denen die Gerichtsverhandlungen stattfanden. Und der kleine Schneider hat gewonnen. Das Land Hessen musste den Lohn nachzahlen. Von einem Tag auf den anderen war ich wieder Lehrer. Der Kultusminister jagte mich durch viele Schulen Hessens. In keiner wollte ich bleiben. Schliesslich aufgrund eines Kompromisses mit dem Kultusminister:
1984 – 1996 Lehrer an der Abendrealschule Frankfurt am Main.
Ach hätte ich doch die Biographien und Erzählungen unserer Schüler*innen aufgeschrieben! So viele fremde, spannende, schreckliche Geschichten aus anderen Zeiten und anderen Gegenden in den Lebensläufen dieser zumeist jungen Erwachsenen. Fast alle waren Ausländer – pardon, das waren sie natürlich nur am Anfang, dann wurden sie ja Mitbürger mit Migrationshintergrund, und ich unterrichtete am Anfang „Deutsch für Ausländer“, später „Deutsch als Fremdsprache“.
1996 – 2013 Literatur-Redaktor bei DRS 2, später SRF2Kultur
Ich war nicht „schulmüde“. Die Schüler*innen habe ich später im Journalistenberuf oft vermisst. Aber die Entwicklung der Institution Schule gefiel mir nicht. Und mit 48 noch einen neuen Beruf ergreifen zu können, schien mir Chance und Privileg zu sein. Niemand sollte, finde ich, zu lange Lehrer sein. Ich wohnte in Frankfurt und arbeitete in Basel: Pendler zwischen den beiden Städten, nirgends ganz zugehörig – angenehmer Zustand.
2009: 6 Monate Aufenthalt in London dank Stipendium von Landys & Gyr. Ende Jahr Umzug von Frankfurt nach Basel.
Neue Liebe, neues Leben, neues Glück.
2013 Pensionierung
Man muss pensioniert sein, um vernünftig arbeiten zu können.